EKOL - Einrichtung Kultureller Bildung im Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien

Das Projekt „Medien- und Vermittlungszentrum LANDKULTUR: Film. Buch. Foto“
der Umweltbibliothek Großhennersdorf e.V.

[Bild Großhennersdorf]

Blick auf Großhennersdorf, 60er Jahre. Foto: Oskar Walter

Oberlausitz – Transformation des ländlichen Raums
Nach einer starken Industrialisierungsphase im 20. Jahrhundert hat die Region Oberlausitz in den letzten 30 Jahren eine starke Deindustrialisierung erfahren, die mit der Abwicklung der Braunkohleindustrie in den nächsten wenigen Jahrzehnten ihren vorläufigen Abschluss finden wird. Langfristig ist die Oberlausitz durch Abwanderung und andere aus Nicht-Leuchtturm-Regionen bekannte Nöte betroffen und es wird versucht, gegenläufig gewisse Entwicklungen einzuhalten oder gar zu stoppen, indem Charakteristisches in städtischer und ländlicher Architektur, kulturelle Besonderheiten und eine kleinteilige Ökonomie erhalten und gefördert wird.

Weniger Beachtung findet in diesem gesamten Prozess die Transformation der ländlich-dörflichen Regionen, die, trotz Instandhaltung und Verschönerung der Bausubstanz, durch eine Abkehr von den Wurzeln ihren bäuerlich-ländlichen Charakter verlieren – nicht ohne Auswirkungen auf die hier ansässige und sich mit dem Landstrich verbunden fühlende Bevölkerung.

Perspektiven erhalten und neu entwerfen – ins Gespräch kommen
Seitens der Politik gibt es eine erhöhte Aufmerksamkeit nach den nunmehr etwas abrupten und unerwarteten Ende der Braunkohle-Industrie, diesen Entwicklungen einen gestalteten Transformationsprozess entgegenzusetzen, um Perspektiven der menschlichen Gemeinschaften in dieser unseren ländlichen Region zu erhalten oder neu zu entwerfen. In Anfängen werden diese Prozesse wissenschaftlich begleitet, woran es aber insgesamt mangelt, ist eine offene Debatte mit der Bevölkerung: Gerade durch die politischen Ereignisse der letzten Jahre hat sich hier ein Spaltungsprozess vertieft.

Besonders in den Dörfern – und die Oberlausitz ist zu ca. 90 Prozent ländlicher Raum – passiert der Industrialisierungsprozess der Landwirtschaft und die damit verbundene tiefgreifende Veränderung traditioneller Lebensformen der Menschen weitgehend ohne qualifizierte Kommentierung und ohne Debatten, in denen die diversen Akteure zu Wort kommen und ihre unterschiedlichen Vorstellungen austauschen. Dies hat verschiedene, notwendig zu analysierende Ursachen. So haben 60 Jahre nationalsozialistischer und kommunistischer Umgestaltungspolitik der ländlichen Räume tiefe Spuren hinterlassen. Zudem (und damit verbunden) ist ein noch wenig entwickeltes Verhältnis der Teilhabe an demokratisch legitimierten, gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen zu verzeichnen.
Deshalb ist es an der Zeit, diese Situation zu analysieren, um die Ergebnisse mit aktiven Personen und Gruppen zu diskutieren, um Wege für eine lebendige und breiter angelegte Behandlung zu finden.

Gleichberechtigte ländliche Teilhabe und Vernetzung fördern
Darüber hinaus muss uns aber klar sein, dass das, was wir in unserer Region, der Oberlausitz, wahrnehmen, Teil eines größeren, schon sehr langanhaltenden Prozesses ist, der im Wesentlichen schon immer den Charakter hatte, in Städten inszeniert und forciert zu werden – auf eine Art und Weise, die die gleichberechtigte Teilhabe der ländlichen Bevölkerung mit Vorsatz auszuschließen suchte.
Besonders in den Diktaturen des letzten Jahrhunderts wurden die kulturellen Anliegen und Bedenken der ländlichen Bevölkerung durch intensive Folklorisierungsbestrebungen banalisiert. Aus solchen als übermächtig empfundenen Entwicklungen resultiert ein starkes Mitbestimmungsdefizit der Menschen im ländlichen Raum, was aus städtischer Sicht als Unterentwicklungssyndrom charakterisiert wird.

Wir sind davon überzeugt, dass es eine energische und starke Unterstützung der Träger ländlicher Kultur geben muss, damit die Stimme derer, die noch eine Sprache haben, in diesen, insbesondere sie selbst betreffenden Prozessen und Auswirkungen (dessen Entwicklung an den jahrzehntelang schon stattfindenden Veränderungen ablesbar ist) hörbar wird. Dafür müssen wir uns vorbereiten auf eine Kommunikation, die auf die Menschen und ihre Situation im ländlichen Raum eingeht und ihre Perspektive einnimmt, um das Zusammenkommen eines Dialogs zwischen diesen Akteuren zu ermöglichen.

Bis jetzt noch gehören wir eher zu einem Raum, des gebrochenen kulturellen Selbstbewusstseins, das sehr viel mehr Ähnlichkeiten hat mit den Verhältnissen in Ostmitteleuropa. Wir kennen aber eine Kultur der Auseinandersetzung um all die Probleme, die sich damit verbinden, im gesamten Alpenraum, in Österreich, in der Schweiz und in Süddeutschland und finden dort sehr viele Gründe, uns am Positiven zu orientieren.

Ein Medien- und Vermittlungszentrum für ländliche Kultur in Großhennersdorf
Konzipiert als Kompetenz- und Vermittlungszentrum erarbeitet die Umweltbibliothek als Projektträger und Koordinator gemeinsam mit einem starken Partnernetzwerk über verschiedene mediale Formate („Film – Buch – Foto“) mögliche Inhalte und Wege für eine kulturelle Teilhabe im ländlichen Raum und eine gemeinsam gestaltete Zukunft im Landkreis Görlitz, der Oberlausitz oder auch dem anliegenden Dreiländereck Polen-Deutschland-Tschechien. Im Rahmen von Vorträgen, Filmvorführungen, Lesungen, Ausstellungen oder Diskussionsveranstaltungen schaffen wir die Möglichkeit der vertiefenden Information und des gegenseitigen Austauschs.


Sammlungsaufruf: Zeugnisse ländlicher Kultur in der Oberlausitz gesucht!
>> weitere Informationen 

 

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